15. epileptologische Weissenauer Wintertagung

15. epileptologische Weissenauer Wintertagung

 

 

Am 4. Dezember 2019 fand diesjährige epileptologische Wintertagung statt, die in diesem Jahr das regionale Netzwerk für die Behandlung von Patienten mit Epilepsie deutlich werden lassen sollte. Dementsprechend war die Wahl der Vortragsthemen weit gefächert, zu denen Herr Prof. Valdés-Stauber die 65 Teilnehmer, die sich in diesem Jahr eingefunden hatten, im Namen der Geschäftsführung begrüßte.

 

Im ersten Vortrag thematisierte Herr PD Dr. Wagner, Oberarzt der neurologischen Klinik der Universität Ulm, die diagnostische und therapeutische Herausforderung kortikaler Dysplasien, eine Epilepsieursache, die in einer vorgeburtlichen in Reifungsstörung begründet ist, sehr umschrieben sein kann und deshalb nicht selten in der Standarddiagnostik übersehen wird. Herr Dr. Wagner illustrierte mit gut gewählten Beispielen Schwierigkeiten in der Diagnostik und thematisierte die Möglichkeiten, durch gezielt erweiterte oder ergänzende Verfahren eine solche Epilepsieursache herauszuarbeiten, was insofern von Bedeutung ist, als bei einer günstigen Lage eine aussichtsreicher operative Behandlungsmöglichkeit gegeben sein könnte.

 

Der zweite Vortrag von Frau Bungard, Oberärztin in der Stiftung Liebenau, thematisierte die Anwendung von Psychopharmaka bei erethischer Verhaltensstörungen bei geistig behinderten Menschen. Diese durch gesteigerte Erregbarkeit und ruhelosen Bewegungsdrang gekennzeichneten Verhaltensstörungen können sowohl für die betroffenen Patienten als auch für das Umfeld quälend sein, sodass häufig eine medikamentöse Behandlung unumgänglich ist. Frau Bungard betonte, dass eine solche Therapie als symptomatische Therapie in der Krisenintervention häufig unumgänglich ist und dass in einem umfassenderen Therapiekonzept nichtmedikamentöse Interventionen, wie zum Beispiel die Milieutherapie auf der Grundlage einer Charakterisierung des sozioemotionalen Entwicklungsniveaus mitbedacht werden sollten, um den medikamentösen Interventionsbedarf so gering wie möglich zu halten.

 

Herr Dr. Baier, Chefarzt der Abteilung für Epileptologie der Weissenau, referierte den aktuellen Kenntnisstand zum Fehlbildungsrisiko durch Antiepileptika in der Schwangerschaft. Nach der Thalidomid-Katastrophe Ende der fünfziger Jahre, dem „Tschernobyl der modernen Pharmakotherapie“ gab es seit Ende der neunziger Jahre Bemühungen in größeren Schwangerschaftsregistern Daten für eine fundierte Beratung epilepsiekranker Frauen mit Kinderwunsch zu erhalten. Das seit 20 Jahren aktive internationale Schwangerschaftsregister EURAP hat im letzten Jahr detailliertere Bewertungen der häufig eingesetzten Antikonvulsiva publiziert. Durch diese Bemühungen und die dadurch veränderten Verordnungsgepflogenheiten von Antikonvulsiva in der Schwangerschaft war ein Absenken der Fehlbildungsrate in den letzten 20 Jahren möglich.

 

Abschließend präsentierte Herr Kessel, Neuropsychologe in der Abteilung für Epileptologie der Weissenau, zwei sehr eindrucksvolle Fallbeispiele einer sehr seltenen aber für die betroffenen sehr gravierenden Nebenwirkung einer Valproatencephalopathie, die leicht als dementielle Entwicklung verkannt werden kann. Da durch einen Medikamentenwechsel und das Absetzen von Valproat eine erhebliche Besserung und Rückbildung der Enzephalopathiesymptome zu erreichen ist, sollte jede Ärztin / jeder Arzt bei der Verwendung von Valproat in der Pharmakotherapie um diese potenzielle Nebenwirkung wissen und dies in seine differenzialdiagnostischen Überlegungen bei kognitiven Verschlechterungen mit einbeziehen.

 

Nach den jeweiligen Vorträgen wurden die referierten Sachverhalte von den 65 Teilnehmern rege diskutiert, sodass die Intention dieser Veranstaltung zu einem intensiven Erfahrungsaustausch zwischen ambulant Tätigen und den in den verschiedenen Kliniken wirkenden Ärztinnen und Ärzten wieder gelungen ist. Die 16. epileptologische Weissenauer Wintertagung wird am 2. Dezember 2020 stattfinden. Ein Thema steht noch nicht fest.